Auf einer Fläche so groß wie zwei Fußballfelder reihen sich im schleswig-holsteinischen Bollingstedt die Container aneinander: 64 sind gefüllt mit Lithium-Ionen-Batterien, weitere 32 mit Wechselrichtern und Transformatoren. Zusammen bilden sie den derzeit größten Batteriespeicher Deutschlands. Mit einer Leistung von 103,5 Megawatt und einer Speicherkapazität von 238 Megawattstunden kann die Anlage rechnerisch bis zu 170.000 Mehrpersonenhaushalte für zwei Stunden mit Ökostrom versorgen. Konkret soll sie den erzeugten Strom von Wind- und Solarkraftwerken dann speichern, wenn er im Überfluss vorhanden ist, und ihn während der Nachfragespitzen wieder ins Stromnetz einspeisen.
»Mit Speichern wie hier in Bollingstedt können wir die Energiewende weiter mit hohem Tempo vorantreiben«, so Schleswig-Holsteins Energiewendeminister Tobias Goldschmidt bei der Einweihung der Anlage Anfang Juni. Denn die Großspeicher seienwahre Multitalente: »Sie gleichen die natürlichen Schwankungen bei der Solar- und Windenergie aus; sie stabilisieren die Netze, senken die Strompreise und sorgen für mehr Grünstrom in unseren Netzen.«
Seit dem vergangenen Jahr erleben solche Großprojekte, die Speicherkapazitäten von einer Megawattstunde (MWh) und deutlich mehr aufweisen, einen Boom. Nach Angaben des Bundesverbandes Solarwirtschaft gingen 2024 in Deutschland etwa 100 von ihnen mit einer Kapazität von rund 800 MWh neu in Betrieb. Das entspricht einer Verdoppelung des Zubaus im Vergleich zum Vorjahr. Mitte Juni 2025 lag die insgesamt installierte Kapazität bereits bei 2.800 MWh beziehungsweise 2,8 Gigawattstunden (GWh), wie die »Battery Charts« der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule RWTH Aachen zeigen.
Die Komponenten für Großspeicher sind erschwinglich geworden. Das hat das Wachstum befeuert. So sind besonders die Preise für Batterien in den vergangenen Jahren erheblich gesunken, zuletzt etwa infolge der großen Produktionskapazitäten in China und der stockenden Nachfrage nach Elektrofahrzeugen. Getrieben wird der Zubau in Deutschland aber auch von der Differenz zwischen niedrigen und hohen Börsenstrompreisen, was zu neuen Geschäftsmodellen führt: Übersteigt das Angebot an Ökostrom die Nachfrage, zum Beispiel über Mittag an sonnigen Tagen, sinkt der Preis für die Kilowattstunde – dann lässt sich der Speicher günstig laden, und er nimmt dem Stromnetz zugleich Last ab. Bei Negativpreisen verdient der Betreiber sogar daran, dass er überschüssigen Strom an der Strombörse kauft. Gleiches gilt, wenn er die gespeicherten Kilowattstunden später wieder verkauft – bei gestiegener Stromnachfrage dann zu einem höheren Preis. Auch in diesem Fall wird das Netz stabilisiert.
Für die Einspeisung von immer mehr Wind- und Solarstrom sind Großspeicher daher in Zukunft unverzichtbar, um die Schwankungen zwischen Stromerzeugung und -nachfrage auszugleichen. Nach einer Prognose des Beratungsunternehmens Envis im Auftrag des Bundesverbandes Solarwirtschaft dürfte sich die installierte Kapazität bis Ende 2026 weiter dynamisch erhöhen auf dann bereits 8,6 GWh. Das ist etwa das Dreifache des aktuellen Bestands. Wind- und Solarparks abzuregeln, weil sie gerade »zu viel« grünen Strom erzeugen, wird dann hoffentlich immer öfter der Vergangenheit angehören.