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Vorrang für Erneuerbare wird Gesetz

News vom 05.05.2022

Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck spricht von einer »doppelten Dringlichkeit«, die das vor Ostern vom Kabinett verabschiedete Gesetzespaket durch den Angriffskrieg auf die Ukraine erhalten hat: »Zum einen spitzt sich die Klimakrise zu. Zum anderen zeigt der Einmarsch Russlands, wie wichtig es ist, aus den fossilen Energien auszusteigen und den Ausbau der Erneuerbaren konsequent voranzutreiben.«

Im Zentrum des Vorhabens steht die umfassendste EEG-Novelle der vergangenen zwei Jahrzehnte. Sie ermöglicht mehr Teilhabe für Bürger*innen und Kommunen an der Energiewende, erweitert die Finanzierungsoptionen für Wind- und Solarprojekte, vor allem aber hebt sie die Ausbaumengen für die Erneuerbaren auf ein neues Niveau. Bis 2030 sollen regenerative Quellen bereits 80 Prozent des deutschen Strombedarfs decken, fast doppelt so viel wie heute. »Wir verdreifachen die Geschwindigkeit beim Erneuerbaren-Ausbau«, so der Wirtschaftsminister, »zu Wasser, zu Land und auf dem Dach«.

Damit das gelingt, wird ein Grundsatz mit weitreichenden Folgen im EEG verankert: »Die erneuerbaren Energien liegen künftig im öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit«, berichtet Habeck. »Das ist entscheidend, um das Tempo zu erhöhen.« Wind- und Solarparks erhalten damit in Zweifelsfällen Vorrang bei der Schutzgüterabwägung, etwa wenn Artenschutz oder Denkmalschutz die Genehmigung eines Projekts blockieren. Diesen Vorrang mussten die Behörden bisher mühsam herleiten, was viele Projekte oft um Jahre verzögert hat. Die EEG-Novelle gibt den Ämtern nun eine Richtung für solche Genehmigungsverfahren vor und trägt zur Rechtssicherheit bei.

Auch neue Flächen müssen für die Energiewende erschlossen werden, etwa für Agri-Photovoltaik, bei der auf dem Ackerboden Kulturpflanzen wachsen, während darüber Solarmodule Ökostrom erzeugen. Für Windkraft an Land soll es schon kurzfristig mehr Raum geben, weil die Mindestabstände von Windrädern zu Radaranlagen signifikant verkleinert werden. Darauf hatte sich das Wirtschaftsministerium bereits im Vorfeld mit dem Bundesverkehrsministerium geeinigt. »Mithilfe neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse können wir künftig geringere Abstände im Umfeld von rund 40 Drehfunkfeuern, die zur sicheren Navigation von Luftfahrzeugen dienen, zulassen«, so Verkehrsminister Volker Wissing bei der Bekanntgabe. Gleiches gelte für die Areale rund um 17 Wetterradare, die unter anderem zur Vorhersage von Starkregenereignissen dienten. Minister Habeck sprach von einem zusätzlichen Potenzial von rund 5 Gigawatt Windenergieleistung. Das entspreche bei 4 bis 5 Megawatt pro Neuanlage mehr als 1.000 Windrädern und sei »ein fettes Ausrufezeichen«.

»Wir werden erleben«, so Habeck später mit Blick auf das energiepolitische Gesamtparket, »dass wir nicht mehr gesetzlich oder im Ordnungsrahmen die Probleme haben, sondern in der Produktion und in den Bautätigkeiten.« Es liefen daher parallel Gespräche mit der Industrie, damit sie die Kapazitäten enorm steigere. In der Summe werde dieses Paket zu einer deutlichen Anhebung der Erneuerbaren führen. Es sei ein gewichtiger Schritt, aber in einer ganzen Schrittfolge. Das nächste Paket, in dem es unter anderem um das Zwei-Prozent-Flächenziel für die Windkraft an Land geht, ist für den Sommer geplant.